Bezahlung in Behindertenwerkstätten Warum Arbeit in Werkstätten für behinderte Menschen eine reguläre Arbeit ist, die mit dem Mindestlohn bezahlt werden muss


Angemessene Bezahlung für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten
Sommersemester 2022
Bild: Lubos Houska from Pixabay

Der Petitionsausschuss des Bundestages hat am 28.11.2019 zur Petition „Hilfe für Menschen mit Behinderung“ bezüglich der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) folgendes veröffentlicht:

  • WfbM sind Einrichtungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Einen Anspruch auf Aufnahme haben Menschen, die wegen Art und Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können.
  • Über einen Zeitraum von bis zu 27 Monaten sind die Menschen mit Behinderung Rehabilitand:innen.
  • Während der daran anschließenden Zeit der Beschäftigung im Arbeitsbereich der WfbM sind die Menschen mit Behinderung Arbeitnehmer*innen.

An dieser Stelle beginnt der Petitionsausschuss den eben erst eingeführten Arbeitnehmer*innenstatus für Menschen mit Behinderung aber wieder einzugrenzen. Er tut dies wie folgt:

  • „Sofern sie im Einzelfall infolge ihrer Leistungsfähigkeit nicht Arbeitnehmer sind, stehen sie in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis“.

Die „Leistungsfähigkeit“ einer arbeitenden Person mit Behinderung ist in diesem Fall aber kein legitimes Mittel, um dieser ihren Arbeitnehmer*innenstatus abzuerkennen. Es ist ja gerade die „Leistungsfähigkeit“ bzw. die Einschränkung dieser, die eine Behinderung zu einer Behinderung macht. In einer sozialen Marktwirtschaft ist solch eine Sichtweise nicht zu rechtfertigen. Der Petitionsausschuss erklärt anschließend:

  • Sie sind zwar keine Arbeitnehmer*innen, gehen aber dennoch einer Erwerbstätigkeit nach, da sie eine Arbeitsleistung erbringen, aus der sie einen Anspruch auf ein leistungsangemessenes Arbeitsentgelt haben.

Obwohl diese Personengruppe für den Petitionsausschuss keine regulären Arbeitnehmer*innen sind, wird jetzt aber doch von einer Erwerbstätigkeit gesprochen, da eine Arbeitsleistung erbracht wird, durch die ein Anspruch auf Lohn entsteht. Wenn der Petitionsausschuss diesen Anspruch sieht, dann muss als Konsequenz als Entlohnung der in Deutschland übliche Mindestlohn gezahlt werden, denn laut Bundeszentrale für politische Bildung ist „Arbeit … eine spezifisch menschliche – sowohl körperliche als auch geistige – Tätigkeit, die v. a. dazu dient, die zur Existenzsicherung notwendigen Mittel zu beschaffen.“