Rechtliche Grundlagen Das Recht auf Arbeit


Angemessene Bezahlung für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten
Sommersemester 2022
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Die Forderung nach regulären Arbeitsverträgen für in Werkstatt für Menschen mit Behinderung Beschäftigte im Sinne §219 SGB IX Abs.2 Satz 1 impliziert die Fragen nach einem grundsätzlichem Recht auf Arbeit, einem damit einhergehendem Recht auf eine reguläre Beschäftigung und der Gleichstellung von behinderten Menschen im Arbeitsrecht. Für die Beantwortung dieser Fragen ist ein Blick in die Geschichte des Arbeitsrechtes auf nationaler und internationaler Ebene zu werfen. Im Folgendem wird kurz vergangenes und aktuelles Recht zusammengefasst vorgestellt.

In Deutschland wird das Recht auf Arbeit schon im Artikel 163 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung aus dem Jahre 1919 erwähnt. Darin heißt es; „Jedem Deutschen soll die Möglichkeit gegeben werden, durch wirtschaftliche Arbeit seinen Unterhalt zu erwerben“ (Art. 163 WRV). Mit der Machtergreifung der NSDAP im Jahre 1933 begann die Umgestaltung Deutschlands von einer Demokratie hin zu einer Diktatur. Durch die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz vom Volk und Staat“ vom 28.02.1933 und das „Reichsermächtigungsgesetz“ vom 24.03.1933 wurde die WRV de facto außer Kraft gesetzt und somit auch das Recht auf Arbeit. Erst nach dem Sturz der NSDAP und dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1945 war es in Deutschland möglich, Gesetze zur Gleichbehandlung aller Menschen auf dem Arbeitsmarkt in eine deutsche Verfassung zu integrieren. Mit dem Artikel 24 Satz 1 der Verfassung der DDR „Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Arbeit“ wurde wieder offiziell das Recht auf Arbeit in eine deutsche Verfassung aufgenommen. Im deutschen Grundgesetz wird bis heute ein Recht auf Arbeit nicht explizit genannt.

Auf internationaler Ebene wurde mit der Formulierung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, kurz AEMR, von 1948 und dem darin enthaltenen Artikel 23, der jedem Menschen unter anderem das Recht auf Arbeit, freie Berufswahl und befriedigende Arbeitsbedingungen versichert, ein Grundstein für ein modernes und inklusives Arbeitsrecht gelegt. Mit der Unterzeichnung der AEMR durch die BRD und DDR und dem Beitritt beider Staaten in die United Nations Organisation, kurz UNO, im Jahre 1973 wurde das Recht auf Arbeit im gesamten deutschen Raum als elementares Recht auf Arbeit anerkannt. Zuvor wurde im Jahre 1965 durch die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta als gültige Rechtsquelle durch die BRD das Recht auf Arbeit wieder in das deutsche Rechtsystem der BRD gebracht. Auf Länderebene der Bundesrepublik Deutschland haben die Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen die AEMR in ihre Verfassungen aufgenommen und somit faktisch auch das Recht auf Arbeit.

Im Jahre 2006 wurde von der UNO-Generalversammlung das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-BRK) verabschiedet. 2008 trat die UN–BRK offiziell in Kraft. Im Artikel 27 der UN-BRK wird mit dem Wortlaut „Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit (…)“ (Art. 27 UN-BRK) explizit die Gleichstellung aller Menschen mit Behinderung definiert. Deutschland als Mitglied der UNO und Ratifizierer hat somit endgültig die Gleichstellung von und das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderung anerkannt.