Eltern mit einer geistigen Beeinträchtigung allein gelassen Fachkräftemangel in der Familienhilfe für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung


Elternschaft mit geistiger Behinderung
Sommersemester 2023
Bild von Ratna Fitry auf Pixabay

Nordrhein-Westfalen verfügt über ein umfangreiches Netzwerk an Einrichtungen und Diensten zur Unterstützung von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Dazu gehören Wohnheime, Wohngruppen, Tagesstätten und ambulante Betreuungsdienste. Zu den Familienhilfen zählen Angebote aus der Frühförderung, wo Kinder mit geistiger Beeinträchtigung im Vorschulalter unterstützt werden. Entwicklungsverzögerungen können erkannt werden und Therapien oder Hilfsmaßnahmen können eingeleitet werden. Beratung für betroffene Familien erfolgt unter anderem durch Sozialdienste oder Beratungsstellen. Familienentlastende Unterstützung, Tagesstruktur und Beschäftigung, Elternschulungen und die begleitete Elternschaft. Das klingt so großartig und erschafft den Eindruck, dass es Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung an nichts fehlt. Die Familienmitglieder werden entlastet und die Kinder der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sind bestens umsorgt. Die Wahrheit sieht anders aus. Hilfepläne werden nicht rechtzeitig evaluiert, Familien erhalten nicht sofort die richtige Unterstützung, weil einfach kein fachspezifisches Personal da ist. In Deutschland gibt es schätzungsweise 320.000 Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung. Die deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen zeigt auf, dass es im letzten Jahr 26.500 offene Stellen zu besetzen gab von denen es für 20.600 Stellen keine qualifizierte Arbeitskraft gab. Eine Diskrepanz, die zur Sorge anregen sollte. Wir sehen also, dass die Bedarfe an Familienhilfen für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung steigen und gleichzeitig der Fachkräfteanteil, diese auch zu versorgen, sinkt.

Exkurs: Die begleitete Elternschaft

Die begleitete Elternschaft hat zum Ziel, Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung ein würdevolles Miteinander zu ermöglichen. Nebst den o.g. Möglichkeiten der Unterstützung wird in diesem Unterstützungsangebot besonders auf die Begleitung geistig beeinträchtigter Eltern eingegangen. Eltern mit geistiger Beeinträchtigung werden im Alltag begleitet, auch schon während der Schwangerschaft, damit sie gut auf die Elternrolle vorbereitet werden. Elternschulungen- und Trainings sollen den Eltern beibringen das Kind richtig zu füttern, zu wickeln und anzuziehen. Gleichzeitig wird erklärt, was im Haushalt und mit den Finanzen zu beachten ist. Die Sozialpädagogischen Familienhilfen begleiten die Betroffenen Zuhause. Die Unterstützung der geistig beeinträchtigten Eltern in ihrer Selbsthilfe und Förderung ihrer Fähigkeiten zur Betreuung ihrer Kinder erfordert eine individualisierte Herangehensweise, die gleichzeitig zum Ziel hat, die Arbeitsbelastung für Fachkräfte zu verringern.

Ausblick

Zwischen 2020 und 2025 wird nach Schätzungen der Bundesregierung voraussichtlich ein Bedarf von 288.000 neuen Stellen in der Berufsgruppe „Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege“ bestehen. Um den Fachkräftemangel wünschen wir, als Studierende, uns, dass das Berufsfeld besser beleuchtet wird. Eine bessere Bezahlung, familiengerechtere Arbeitszeiten, mehr Wertschätzung, Förderung der Ausbildungen durch Stipendien und bezahlte Praktika und Praxissemester. Ebenso die Förderung der Vernetzung und den Austausch zwischen verschiedenen Behörden und Trägerschaften. Denn durch den Austausch von Informationen, Arbeitsabläufen und Standards können bessere Bedingungen geschaffen werden.