Möglichkeiten im Überblick Was tun bei drohendem Wohnungsverlust?


Das Abwenden von Wohnungslosigkeit im kommunalen Kontext
Sommersemester 2022
Bild: Ag Ku from Pixabay

Der Verlust der eigenen „Vier Wände“ ist ein Teil eines Teufelskreises, aus dem Betroffene oft nur schwer wieder herauskommen können. Plötzlich droht, das Dach über dem Kopf für sich selbst und die Familie zu verlieren. Das ist für Betroffene nicht selten unerwartet und schockierend, sodass man oftmals wie gelähmt nur zuschauen kann, wie der Berg von Problemen immer größer wird. An der eigenen Wohnung hängt vieles. Ein sicherer und geschützter Rückzugsort und eine Anschrift für wichtige Dokumente. Auch für den Erhalt oder die Suche nach einer Arbeit ist ein fester Wohnsitz von hoher Bedeutung. Droht der Verlust des Wohnsitzes, sind Betroffene oft verzweifelt und daher auf externe Hilfe angewiesen.

Sei es eine Abwendung der Räumungsklage, ein Antrag auf Fristverlängerung oder auch die Unterbringung in einer temporären Notunterkunft: Viele Stellen können den Betroffenen gegen eine anstehende Wohnungslosigkeit helfen. Oftmals reichen Beratungsangebote oder Unterstützung bei Gesprächen mit Vermieter*innen oder dem Ausfüllen eines Formulars für die Behörden schon aus, um einen drohenden Wohnungsverlust abzuwenden. Jedoch gibt es auch die Möglichkeit zu kurzfristigen Krediten und Übergangswohnungen, bei denen z.B. die sozialen Dienste der Stadtverwaltung helfen können.

Die Stadt Bonn als Beispiel verfügt über ein sogenanntes „Bürger*innentelefon“, wo Betroffene mit fähigen Sozialarbeiter*innen sprechen und sich Hilfe bei diversen Vorgängen holen können. Darüber hinaus gibt es in nahezu jeder größeren Stadt verschiedene Sozialdienste und Fachbereiche, die sich gezielt mit den Themen Wohnungsverlust und Resozialisierung beschäftigen. Oftmals sind Behördengänge jedoch mit einer Menge Aufwand, Formularen aber auch Scham verbunden, weshalb längst nicht so viele Betroffene diese Hilfen in Anspruch nehmen, wie es nötig wäre. Daher gibt es auch an vielen Stellen unabhängige Träger, bei denen ein Hilfsgesuch stets möglich ist. Stellen wie die Caritas, welche in fast allen Großstädten Deutschlands Niederlassungen besitzt, bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Betroffenen je nach Bedarf Unterstützung zu bieten. Diese Hilfen könnten z.B. eine Schuldnerberatung beinhalten oder aber auch Hilfe bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Doch nicht nur die Caritas, welche in Verbindung mit der katholischen Kirche steht, bietet diese Hilfen an. Es gibt auch eine Reihe politisch und konfessionell unabhängige Hilfsorganisationen wie z.B. den Samariterbund Deutschland e.V., welcher seinen Hauptsitz in Köln hat. Dort gibt es Hilfe für alle ohne im Hinterkopf zu haben, dass man nicht einer bestimmten Konfession, Ethnie oder politischen Gesinnung angehört. Auch wenn dies generell nie ein Grund sein sollte, sind solche unabhängigen Einrichtungen für viele Betroffene jedoch eher eine Anlaufstelle, als z.B. Einrichtungen mit kirchlichem Träger.

Oftmals ist jedoch das Problem nicht die Verfügbarkeit von Beratungs- und Hilfsstellen, sondern die Zeit. Betroffene wenden sich nicht rechtzeitig an die vorhandenen Stellen, sodass es innerhalb eines begrenzten Zeitrahmen sehr schwierig für die Helfenden ist, wirklich etwas zu bewegen. Oft melden sich Betroffene erst nach Erhalt der zweiten von insgesamt zwei fristlosen Kündigungen oder gar erst nach Erhalt einer Räumungsklage. Die Gründe hierfür variieren und reichen von Scham über Verständnisprobleme bis hin zur Überforderung. Es ist aber auch möglich, dass Betroffene bis zum Schluss einfach nicht merken, beziehungsweise nicht wahrhaben wollen, was passiert und die Situation aufschieben/verdrängen. Aus diesem Grund werden im folgenden drei Phasen abgeleitet, an denen sich Betroffene orientieren können und auch welche Arten der Hilfe man in jeder Phase bereits in Anspruch nehmen könnte.

Phase 1 - Die ersten Probleme

In dieser Phase befinden sich vermutlich deutlich mehr Menschen, als man denkt. Besonders Mietrückstände sind die häufigsten Gründe für den Verlust der eigenen Wohnung. Oftmals beginnen Vermieter*innen nicht sofort mit einer fristlosen Kündigung. Vielleicht kann man durch ein offenes Gespräch einen Kompromiss erreichen. Dies könnte z.B. ein Zahlungsaufschub sein, oder aber auch eine temporäre Mietminderung. Hier gibt es die Möglichkeit mittels einer Hilfsorganisation ein betreutes Gespräch mit einem*r Mediator*in zu führen. Dies kann besonders dabei helfen, wenn die Fronten mit Vermieter*innen bereits verhärtet sind. Auch eine Schuldnerberatung kann hierbei helfen, um einmalige Zahlungsrückstände gut aufzuarbeiten.

Phase 2 - Die Mauer

Ist ein Gespräch mit den Vermieter*innen nicht zielführend, bzw. bleibt es nicht bei temporären Mietrückständen, geraten viele Betroffene in Panik. Ratlosigkeit führt dazu, dass die wichtigen nächsten Schritte nicht eingeleitet werden, und wichtige Zeit bis zu der fristlosen Kündigung verstreicht. Sie stehen vor einer ersten Mauer voller Probleme, die sie alleine nicht bekämpfen können. Sollte ein*e Vermieter*in nicht zu einem Kompromiss bereit sein, könnte hier mit Hilfe der sozialen Dienste ein kurzfristiger Kredit erwirkt werden, mit dem etwaige Mietrückstände aufgefangen werden können. Auch das Ausfüllen diverser Formulare und behördlicher Briefe, welches für viele Betroffene teils sehr belastend ist, kann mit den Sozialarbeitenden der sozialen Dienste bearbeitet werden.

Phase 3 - Der Absturz

Sind die beiden ersten Phasen bereits verstrichen, bzw. waren alle bisherigen Versuche vergebens, stehen viele Betroffene vor der endgültigen Kündigung oder der Räumungsklage. Ab diesem Punkt ist es auch für die Sozialarbeitenden und anderen Helfer kaum noch möglich, den Wohnungsverlust abzuwenden. Auch hier gibt es jedoch Möglichkeiten, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. So zum Beispiel die Unterbringung in Übergangsunterkünften und verschiedene andere Möglichkeiten zur möglichst zügigen Resozialisierung und Wiedereingliederung der Betroffenen in ihre gewohnten Lebensumstände.

Egal in welcher dieser Phasen diese Betroffenen stehen, es ist mit großem Stress, Druck und vielen negativen Emotionen verbunden. Wenige werden um Hilfe bitten oder sich überhaupt trauen darüber zu reden. Wenn sie das Gefühl haben, dass Menschen in ihrem Umfeld oder sie selbst vor diesen Problemen stehen, zögern sie bitte nicht davor, Hilfe anzubieten, bzw. auch selbst solche Angebote anzunehmen. Es gibt jederzeit die Möglichkeit bei sozialen Diensten und anderen Institutionen einen unverbindlichen Beratungstermin zu erbitten. Je früher gegen diese Probleme vorgegangen wird, desto höher ist die Chance, dass die zahlreichen Hilfsstellen dabei unterstützen können, die Wohnungslosigkeit abzuwenden und viel Leid zu ersparen.