Schule in der Kritik Vermittelt Schule nur Demokratie oder auch Rassismus?


Struktureller Rassismus gegenüber Rom*nja
Sommersemester 2023

Schule: Notwendigkeit eines Perspektivenwechsels

In welcher Gesellschaft leben wir heutzutage? Und in welcher wollen wir in Zukunft leben? Demokratie und Demokratiebildung spielen eine entscheidende Rolle. Demnach fungieren Schulen als Orte, an denen Demokratie erlernt und gelebt werden kann. Dies blendet jedoch die dort institutionell praktizierende Diskriminierung und Rassismus von Sintizze und Romnja aus. Hier werden Schulen als Lösung und nicht selbst Teil des Problems gesehen. Den in Bildungseinrichtung tätigen Berufen fehlen effektive Konzepte und Methoden, um Antiromanismus etwas entgegenzusetzen. Es werden Äußerungen, Bilder, Einstellungen und Handlungen von Lehrer*innen sowie Mitschüler*innen in Pädagogischem Alltag gegenüber den Betroffenen nicht diskriminierungskritisch hinterfragt, reflektiert und anschließend thematisiert. Es lässt sich feststellen, dass die historische Gegebenheiten der Verfolgung, Genozid an der Sinti*zze und Rom*nja während Nationalsozialismus und deren Anerkennungskampf der Nachkriegszeit kaum oder nicht adäquat im Unterricht behandelt wird. Dies widerspricht dem, dass was die junge Generation über die grausame Zeiten Zuhause und in ihren Communitys erzählt bekommen. Außerdem lässt sich merken, dass Lehrkräfte Vielfalt ihrer Schüler*innen, durch den Lehrermangel, als belastende Herausforderung sehen. Die Belegschaft der Bildungseinrichtungen ist selbst nicht divers aufgestellt. Die Angehörige der Minderheit sehen sich kaum repräsentiert und dies bringt mit sich, dass Barrieren und Hürden in schulalltäglicher Kommunikation im Wege stehen sowie eine durch Misstrauen geprägte Beziehung zwischen Betroffenen und in Schulen tätigen Lehrer*innen entstehen. Dies wurde von vielen Sinti*zze und Rom*nja in ihrer Schullaufbahn als belastend beschrieben. Institutionelle Diskriminierung findet auch im Schulsystem, das stark auf Selektion bzw. Segregation angelegt ist, statt. Sinti*zze und Rom*nja werden nicht selten zu Schuleieignungstest geschickt. Demnach bekommen sie oft einen Verweis auf die Förderschule. Die Abtrennungstendenz bestätigt sich weiter zwischen Grundschule und Weiterführender Schule, wo auch Versetzungen in niedrige Schulformen getätigt werden. Es liegt meist keine Leistungseinschätzung für solche Entscheidungen zugrunde. Entscheidend sind viel mehr die Ethnie und der sozioökonomische Status der Familie. Ferner wird die sprachliche Auffälligkeit mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten in Verbindung gebracht.

Kosmetische Korrekturen: Verschärfung des Problems

Zwei nennenswerte Maßnahmen wurden getroffen, deren Ziel war, Betroffenen bei Einschulung und während ihrer Schullaufbahn Hilfestellung zu leisten. Diese haben zum Teil die Segregationstendenz der Bildungseinrichtung intensiviert:

  • Willkommensklassen: Der Begriff „Willkommen“ ist hier täuschend. Denn Rom*nja Kinder werden in Klassen gebracht, wo das gemeinsame Lernen, was für alle von Nutzen ist, nicht stattfindet. Zumal werden Kinder im Regelunterricht bevorzugt auf vielen Ebenen (z.B. Unterrichts- und Förderumfang) und die Benachteiligung vorangetrieben.
  • Rom*nja-Mediator*innen / Assistent*innen: Das Konzept ist kritisch zu sehen. Denn es impliziert, dass Sinti*zze und Rom*nja als mediationsbedürftig sind und dass sie in die Mehrheitsgesellschaft bzw. in die Schule integriert werden sollen. Von Lehrkräften wird die Hilfestellung nicht zielführend eingesetzt, um auf Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen. Sie ist nur als Entlastungsmaßnahme im Fall Interventionsbedarf notwendig.