Im Regen stehen gelassen Trans* Menschen in der Wohnungslosennothilfe


Regenbogen in der Wohnungslosenhilfe
Sommersemester 2023

Sehr geehrte Frau Reker,
sehr geehrter Herr Dr. Rau,

wohnungslose Personen in Nordrhein-Westfalen haben laut § 14 Abs. 1 OBG NRW den Anspruch in einer menschenwürdigen Unterkunft, die Schutz vor den Unbilden der Witterung bietet sowie Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lässt, unterzukommen. Insbesondere trans* Menschen wird dieses Recht in Köln viel zu oft verwehrt!

Wir sind vier Studierende der Technischen Hochschule Köln und beschäftigen uns im Rahmen eines interdisziplinären Seminars der Sozialen Arbeit mit dem Thema trans* Menschen in der Wohnungslosennothilfe.

Wohnungslose trans* Personen in Köln

Erst seit September letzten Jahres wird die Lebenslage wohnungsloser Personen von der Stadt Köln durch die Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung untersucht. Erstmals soll dort auch der Zusammenhang zwischen geschlechtlicher Identität und Wohnungslosigkeit stärker beleuchtet werden. Studien aus Großbritannien und den USA legen jedoch schon länger nahe, dass queere Personen überproportional von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Häufig sehen sich trans* Personen gezwungen, ihre Wohnung aufgrund eines trans*feindlichen Umfelds zu verlassen. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene sind u.a. finanziell abhängig von ihrem familiären Umfeld. Wenn diese jedoch in ihrem Elternhaus auf Diskriminierung und Gewalt stoßen, sind diese Personen besonders schutzbedürftig. Auch im späteren Berufsleben sind trans* Personen mehrfachen gewaltvollen Zwängen ausgesetzt, die sie in die Wohnungs- und Obdachlosigkeit drängen können - beispielsweise Kündigungen von Jobs, Diskriminierung am Arbeitsplatz und auf dem Wohnungsmarkt.

Auf der Straße angekommen und auf der Suche nach Unterkünften für die Nacht sind trans* Personen häufig weiterer Diskriminierung ausgesetzt. Fallbeispiele aus der Wohnungslosenhilfe und Beratungslandschaft zeigen: Trans* Personen wird häufig der Zugang zu Notschlafstellen verwehrt. Denn sie passen laut Mitarbeitenden weder in die Unterkünfte für Frauen noch in die für Männer. Wohin also mit ihnen?

Wir fordern daher mehr geschlechtersensible Schulungsangebote für die Mitarbeitenden in der Kölner Wohnungsnothilfe. Es muss über die Lebensrealität und besondere Schutzbedürftigkeit von trans* Personen aufgeklärt werden. Es bedarf flächendeckender Fortbildungsangebote bei den Mitarbeitenden und Ihren politischen Willen als Oberbürgermeisterin und Sozialdezernent, um dies für die Stadt Köln umzusetzen.

Sicherheit in Notunterkünften

Laut Wohnungslosenbericht 2022 berichten Menschen jeden Geschlechts, dass sie Notunterkünfte nicht in Anspruch nehmen, da es kaum Privatsphäre und Rückzugsorte gibt. Vermehrt berichten Frauen, dass sie die Unterkünfte aus Angst vor Gewalt nicht nutzen. Von ähnlichen Ängsten berichten auch trans* Personen. Trans* Menschen werden in Deutschland tagtäglich diskriminiert und in der Öffentlichkeit angegriffen. 2022 berichten die Opferberatungsstellen in NRW von einer deutlichen Zunahme an registrierten Vorfällen von LSBTQIA+-feindlichen Vorfällen. Expert*innen gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, da nicht alle Straftaten angezeigt oder als trans*feindlich eingestuft werden. Auch Einrichtungen der Wohnungsnothilfe sind keine gewaltfreien Orte. Sofern eine trans* Person es in die Notschlafstelle geschafft hat, hat sie keinen Rückzugsort und kann dort weiterer Gewalt ausgesetzt sein. Gemeinnützige Einrichtungen haben oft nicht die personellen oder finanziellen Mittel, um separate Schlafräume für besonders schutzbedürftige Personen – wie trans* Menschen – zu schaffen. Das Recht auf eine menschenwürdige Unterkunft gilt für alle Menschen. Personen dürfen nicht vor die „Wahl“ gestellt werden, zwischen potenzieller Gewalt auf der Straße oder innerhalb einer Unterkunft wählen zu müssen.

Wir fordern daher, dass die Stadt Köln gemeinnützige Einrichtungen finanziell mehr unterstützt. Notschlafstellen muss es durch geeignete Strukturen ermöglicht werden, besonders schutzbedürftige Personen aufzunehmen und umfangreichen Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt zu bieten. Trans* Personen brauchen in Notunterkünften Rückzugsorte und eine diskriminierungssensible Umgebung. Neben den Schulungen der Mitarbeiter*innen sollten Unterkünfte Handlungskonzepte für den Umgang mit trans* Personen erarbeiten. Darüber hinaus braucht es einen erhöhten Personalschlüssel, um die Entlastung von Mitarbeitenden als auch die Unterstützung und den Schutz von Aufsuchenden der Notschlafstellen garantieren zu können.

Förderung von Projekten

In Köln gibt es derzeit keine Pilotprojekte welche sich der vielfältigen Problematiken von trans* Personen in der Wohnungslosennothilfe annehmen. Eine einmalige Finanzierung wie die des Förderprogramms “Weiterentwicklung der Kölner Hilfen für Menschen im Kontext Obdachlosigkeit”, reicht selten aus, um Pilotprojekte ins Leben zu rufen und aufrechtzuerhalten.

Beispiele aus anderen Städten zeigen, dass trans*inklusive Pilotprojekte in der Wohnungslosennothilfe sehr gut angenommen werden. Die 24/7-Notübernachtung, ehemals “Happy Bed Hostel” in Berlin-Kreuzberg ist eines dieser Projekte, in welchem 65 Frauen, inklusive trans* Personen aufgenommen worden sind.

Wir fordern von Ihnen: Hilfsangebote für wohnungslose trans* Personen müssen unterstützt und auch langfristig von der Stadt Köln finanziert werden.

Um die Situation von trans* Menschen in der Wohnungslosennothilfe zu verbessern ist Ihr politischer Wille gefragt. Durch langfristige finanzielle Mittel und Aufklärung muss es Notunterkünften ermöglicht werden, gewaltfreie Räume für trans* Personen zu schaffen. Wir setzen darauf, dass auch Sie die Lebensrealität von wohnungslosen trans* Personen verbessern wollen und Sie unsere Forderungen schnell umsetzen!

die Unterzeichnenden: Felicia Lueg, Sara Kurth, Nadine Lütz, Ella Johnson