Die unsichtbare Gewalt


Regenbogen in der Wohnungslosenhilfe
Sommersemester 2023

„Wenn du in den Spiegel guckst, was siehst du da?” Am Tag gegen Homo-, Bi- und Transphobie am 17. Mai teilt eine Influencerin auf TikTok ein Video, in welchem sie auf der Straße transphob beleidigt wird. Während es in den Kommentaren viel Zuspruch für sie gibt, findet man dort auch unzählige Beleidigungen. Auch in Videos, in welchen es nicht um Transphobie oder die geschlechtliche Identität der Person geht. „Der schon wieder” oder „Der Typ ist einfach widerlich (…)”. Für trans* Personen gehören solche Angriffe zum Alltag. In der Öffentlichkeit und im Internet.

Gewalt gegen trans* Personen

2022 wurden laut Bundesministerium des Innern und für Heimat 126 Beleidigungen und 82 Gewaltdelikte an – besser: gegen – trans* Personen angezeigt. 75 dieser Gewaltdelikte waren Körperverletzungen. Man geht von einer hohen Dunkelziffer an Straftaten aus, da nicht alle Straftaten zur Anzeige gebracht oder als trans*phob eingestuft werden. Manche Angriffe enden tödlich. Auf dem Christopher-Street-Day in Münster starb im letzten Jahr ein 25-Jähriger. Er griff in einen Konflikt ein, in welchem ein Mann andere Besucher homophob beleidigte. In Herne wurde ein 15-jähriges trans* Mädchen von drei Jugendlichen schwer verletzt. Die Gewalt trifft Menschen jeden Alters und Herkunft. Laut Lesben- und Schwulenverband in Deutschland nimmt die Zahl der Straftaten zu.

Alltagsdiskriminierung

Nicht nur Straftaten gehören zur täglichen Diskriminierung von trans* Personen. Häufig wird ihnen ihre Identität aberkannt, indem sie beispielsweise mit falschem Geschlecht oder mit ihrem Deadname angesprochen werden. Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes suchten im Jahr 2021 160 trans* und inter*geschlechtliche Personen Beratung. Häufig tritt Diskriminierung am Arbeitsplatz und in ihrem familiären Umfeld auf. Letzteres schadet jungen Personen besonders, da sie emotional und finanziell stärker von ihrer Familie abhängig sind. Wenn Kinder sich vor ihren Eltern als trans* outen werden sie oftmals nicht ernst genommen. Das kann schwere psychische Folgen für die Kinder haben.

Diskriminierung vom Staat

Bundesweite Gesetze sorgen dafür, dass trans* Menschen im Alltag benachteiligt werden. Das Transsexuellengesetz gibt aktuell vor, dass trans* Personen zwei Gutachten vorlegen müssen, um ihr Geschlecht und ihren Vornamen ändern zu dürfen. Somit wird es den Menschen massiv erschwert, dass ihr richtiges Geschlecht anerkannt wird. Das Gesetz wird allgemein stark kritisiert, da das Bundesverfassungsgericht viele der Vorgaben bereits für verfassungswidrig erklärt hat und weitere als erniedrigend gelten. Auch der Name des Gesetzes ist unpassend, da Transgeschlechtlichkeit nichts mit der Sexualität der Personen zu tun hat. Die Ampel-Koalition möchte das Gesetz durch das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Durch dieses soll die Änderung des Namens und Geschlechts auch beim Standesamt möglich sein.

Angriffe wie jener auf die Influencerin passieren sehr häufig, nur werden sie für Unbetroffene häufig nicht sichtbar, da sie keinen direkten Bezug zu dem Problem haben. Aus diesem Grund muss allgemein darüber informiert werden, mit welchen Situationen trans* Personen tagtäglich konfrontiert sind.